VonLena Machetanz, Ärztin
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Anhand der gemessenen Blutdruckwerte kann Ihr Arzt oder Ihre Ärztin beispielsweise beurteilen, ob bei Ihnen ein krankhafter Blutdruck vorliegt. Allein aus den Werten lässt sich aber noch keine Aussage über die Ursache veränderter Blutdruckwerte treffen. Hierfür sind oft weitere diagnostische Schritte notwendig. Lesen Sie hier, wann zu hohe, zu niedrige oder normale Blutdruckwerte vorliegen!
Blutdruckmessung: Werte und was sie bedeuten
Bei Veränderungen des Blutdrucks sind meist systolischer (oberer) und diastolischer (unterer) Wert gemeinsam erhöht beziehungsweise erniedrigt. In manchen Fällen weicht aber auch nur einer der beiden Werte von der Norm ab (zum Beispiel bei der isolierten systolischen Hypertonie).
Um den Blutdruck im Verlauf beurteilen zu können, ist es sinnvoll, ihn zu Hause regelmäßig selbst zu messen und die Werte in eine Blutdruck-Tabelle eintragen. Der Arzt oder die Ärztin interpretiert dann die Ergebnisse und passt gegebenenfalls eine laufende Therapie entsprechend an.
„Weißkitteleffekt“ und „maskierte Hypertonie“
In der ärztlichen Praxis gemessene Blutdruckwerte sind häufig etwas höher als zu Hause gemessene, was sich durch eine gewisse Nervosität von Betroffenen beim Arztbesuch erklärt ("Weißkitteleffekt").
Wer einen sehr stressigen Alltag und eigentlich hohen Blutdruck hat, kann sich unter Umständen im Rahmen eines Arztbesuches aber auch entspannen. Dann sind bei der Messung falsch niedrige Blutdruckwerte möglich (sogenannte „Maskierte Hypertonie“).
Blutdruck: Normalwerte und Bluthochdruck-Einteilung
Für die Blutdruckwerte gilt laut der aktuellen europäischen Bluthochdruck-Leitlinie folgende Einteilung:
- nicht-erhöhter Blutdruck*: <120/<70 mmHg
- erhöhter Blutdruck: 120-139/70-89 mmHg (Messung in der ärztlichen Praxis) bzw. 120-134/70-84 mmHg (Messung zu Hause)
- Bluthochdruck (Hypertonie): ≥ 140/≥90 mmHg (Messung in der ärztlichen Praxis) bzw. ≥135/≥85 mmHg (Messung zu Hause)
- Isolierte systolische Hypertonie: ≥ 140/< 90 mmHg
- Isolierte diastolische Hypertonie: < 140/≥ 90 mmHg
- Niedriger Blutdruck**: Systolischer (oberer) Wert < 100 mmHg
* Die aktuelle europäische Bluthochdruck-Leitlinie hat den neuen Begriff „nicht-erhöhter Blutdruck“ eingeführt und vermeidet dafür Begrifflichkeiten wie „optimaler Blutdruck“ und „normaler Blutdruck“.
** In der Fachliteratur finden sich teils unterschiedliche Angaben, unterhalb welchen Messwertes man von niedrigem Blutdruck spricht. Meist wird als Grenze aber ein systolischer Wert von 100-105 mmHg genannt.
Bluthochdruck (Hypertonie) kann genetisch bedingt sein (familiäre Hypertonie) oder das Symptom einer anderen Erkrankung.
Mehr zum Thema lesen Sie im Beitrag Bluthochdruck.
Eine isolierte systolische Hypertonie beobachtet man vor allem bei älteren Menschen – die altersbedingte Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) der großen herznahen Gefäße wie der Aorta treibt den systolischen Blutdruck nach oben. Ein isolierter diastolischer Bluthochdruck tritt dagegen hauptsächlich bei jüngeren Erwachsenen auf, besonders solchen mit Übergewicht oder anderen Stoffwechselstörungen (z.B. Schilddrüsenüberfunktion = Hyperthyreose).
Eine Hypotonie (niedriger Blutdruck) findet sich häufig bei jungen, schlanken Frauen. Auch in den ersten sechs Monaten einer Schwangerschaft sind niedrige Blutdruckwerte normal. Behandlungsbedürftig ist sie grundsätzlich nur, wenn sie Beschwerden bereiten.
Blutdruckwerte bei Kindern
Die Blutdruckwerte bei Kindern sind im Normalfall niedriger als die von Erwachsenen. Kindliche Messwerte zu beurteilen, ist aber nicht ganz leicht: Es gibt bei Heranwachsenden bis 16 Jahren keine allgemeingültigen Grenzwerte etwa im Hinblick auf Bluthochdruck.
Es hängt hier vielmehr von Geschlecht, Alter und Körpergröße ab, wann der Blutdruck zu hoch ist. Das muss berücksichtigt werden, wenn Ärzte und Ärztinnen – oder die Eltern zu Hause – bei Kindern den Blutdruck messen.
Als Orientierung dienen Blutdruckwerte bei gesunden Kindern, die in großen Untersuchungen erfasst wurden. Sie liegen in altersgestaffelten Werttabellen oder Kurven vor (ähnlich wie es sie zur Beurteilung des Körpergewichts bei Kindern gibt):
Wenn die Messwerte eines Kindes höher liegen als bei 95 Prozent der untersuchten gesunden Kontrollkinder gleichen Alters und Geschlechts – also höher als die 95. Perzentile –, hat das Kind Bluthochdruck.
Ein Beispiel: Bei 7-jährigen Jungen mit einer Körpergröße im mittleren Normbereich liegt die 95. Blutdruckperzentile – und damit der Grenzwert zu Bluthochdruck – bei 113/72 mmHg. Bei Mädchen sind es 114/73 mm Hg.
Es gibt auch Apps, welche die Interpretation kindlicher Blutdruckwerte erleichtern – beispielsweise von HyperChildNET (ein EU-gefördertes Projekt zur Erforschung von Bluthochdruck bei Kindern und Jugendlichen). Deren Blutdruck-Rechner (in englisch) für Messungen zu Hause finden Sie unter: https://hyperchildnet.eu/paediatric-home-bp-calculator/
Wenn es um Bluthochdruck bei Kindern geht, kann man laut der Deutschen Hochdruckliga auch eine Faustregel zur Orientierung nutzen:
Obergrenze systolischer Blutdruck: 100 + (Alter in Jahren x 2)
Obergrenze diastolischer Blutdruck:
- für Kinder < 10 Jahre: 60 + (Alter in Jahren x 2)
- für Kinder > 10 Jahre: 70 + (Alter in Jahren)
Um kindliche Blutdruckwerte zuverlässig zu beurteilen, ist aber der Besuch bei einem Kinderarzt oder einer Kinderärztin nötig.
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Autor:
Lena Machetanz
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Quellen:
- Arastéh, K. et al.: Duale Reihe Innere Medizin, Georg Thieme Verlag, 5. Auflage, 2024
- Baenkler, H.: Kurzlehrbuch Innere Medizin, Georg Thieme Verlag, 4.Auflage, 2021
- Deutsche Herzstiftung: Blutdruck: unterer Wert zu hoch – und jetzt? (Abrufdatum: 16.10.2024) unter: https://herzstiftung.de (Abrufdatum: 30.10.2024)
- Deutsche Hochdruckliga: Patientenleitfaden Bluthochdruck, Stand: März 2024, unter: www.hochdruckliga.de (Abrufdatum: 30.10.2024)
- Deutsche Hochdruckliga: Patientenleitfaden Bluthochdruck, Stand: März 2024, unter: www.hochdruckliga.de (Abrufdatum: 30.10.2024)
- HyperChildNET: Network for blood pressure research in children and adolescents, unter: https://hyperchildnet.eu (Abrufdatum: 30.10.2024)
- McEvoy, J. W. et al.: "2024 ESC/ESH Guidelines for the management of arterial hypertension of the European Society of Cardiology (ESC) and the European Society of Hypertension (ESH)", in: European Heart Journal, Volume 45, Issue 38, 7 October 2024, Pages 3912–4018, doi: 10.1093/eurheartj/ehae178
- Weihrauch, M.R. et Rasche, K.: Internistische Therapie 2024/2025, Urban & Fischer Verlag / Elsevier, 25. Auflage, 2024